In Thomas Scheytt steckt der Boogie-Woogie drin

Das Trio Tipitina mit Boogie-Woogie-Pianist Thomas Scheytt begeisterte in der Illertisser Schranne mit Eigenkompositionen und Cover- Versionen.


Bei Thomas Scheytt schwingt überall Boogie-Woogie mit: erst heimlich auf der heimatlichen Kirchenorgel und später lautstark in der Blumenstraße am heutigen Wohnort in Freiburg. Die Komposition heißt „Blumenstraßen-Express“. Die ganze Bandbreite konnte das Publikum mit dem Trio Tipitina in der ausverkauften historischen Schranne in Illertissen erleben. Am Ende stand es auf, um zu klatschen und mitzugehen. Thomas Scheytt, Karoline Dombrowski (Gesang) und Jörn-Paul Weidlich (Schlagzeug) steigerten sich von einer Zugabe in die nächste und die Stimmung war grandios. Alle schienen von einer Welle aus Klang und Rhythmus erfasst.

Im Gegensatz zum Blues sei der Boogie-Woogie in den 1930er-Jahren definitiv am Klavier entstanden, erklärte der Pianist und griff gleich eingangs großflächig, rhythmisch ausladend in die Tasten. „Back to Bock“ hieß seine Hommage an den von ihm verehrten Jazzmusiker Hans-Jürgen Bock. Begleitet wurde er dabei von seinem langjährigen Schlagzeuger Jörn-Paul Weidlich. Darauf folgte der „Hell Valley Stomp“, eine irre Komposition über den vom Stampfen der Maschinen begleiteten Aufstieg der Höllentalbahn von Freiburg nach Hinterzarten. Der „Boogie Woogie Stomp“ war ein Klassiker aus den Anfängen, in dessen Spiel sich Scheytt derart hineinzusteigern verstand und selbst im Rhythmus aufging, auf den Stuhl hüpfte oder das Bein hochhob.

So kam das Trio Tipitina zu seinem Namen

Mit dem Auftritt von Sängerin Karoline Dombrowski war das Trio Tipitina komplett. Zu seinem Namen kam es in Reminiszenz an den berühmten Song „Tipitina“ von Professor Longhair, einem US-amerikanischen Sänger und Pianisten des New Orleans Blues. In der Version des Trios erklang die Stimme Dombrowskis weniger rau und gebrochen, dazu passend ein fast melodiöses Spiel auf dem Klavier in Harmonie mit dem Schlagzeug. Nochmal anders bei „Blue Moon“, indem die Sängerin im balladenhaften Vortrag die Wandlungsfähigkeit ihrer bluesigen Stimme unter Beweis stellte und mühelos vom tragenden Alt ins hohe Register wechselte. Und umso überraschender darauf ein weiterer Schwenk, der in den Rock ’n‘ Roll führte, ihre ursprüngliche musikalische Heimat. Mit überschlagendem, quicklebendigen Gesang zog sie für die Länge eines Songs die perfekte Show ab.

Der Boogie-Woogie dominierte den Abend in Illertissen

Wenngleich das Programm Rock ’n‘ Roll bis Ragtime, Blues bis Boogie-Woogie versprach, so dominierte doch Letzterer den Abend. Thomas Scheytt, Solopianist und Meister des Boogie-Woogie, war in seinem Element, etwa bei dem mit Leidenschaft vorgetragenen „Out Of The Dark“. Zu dritt ging es weiter mit einem romantischen „You’ve Got A Friend In Me“. Es folgten weitere warmherzig interpretierte Oldies: Scheytt legte sich bei „Goodnight Irene“, einem seiner Lieblings-Boogie-Woogies, in die Tasten, Weidlich brachte sein Schlagzeug beim Soloeinspiel zu „Put Your Hand In The Hand“ zum Strahlen. Oder „All Of Me“, das er mit Klangspielereien der Sticks einleitete und mit geschmeidigen Händen am Cajon begleitete. Mit „Georgia On My Mind“ gab es noch einen, von Dombrowski mit viel Seele interpretierten Jazz- Standard zu hören. Für die bis unters Dach der Schranne sitzenden Besucherinnen und Besucher endete ein langer,
schöner Abend.

Regina Langhans, Illertisser Zeitung 30.01.2023